Zeichnungen Christopher

Galaktische und Planetarische Nebel

Der Rosetten-Konus-Nebelkomplex mit Supernovarest SNR G205.6+0.5

Ein erster Ausflug mit Nachtsichtgerät

 

Darf die Nutzung eines Nachtsichtgeräts als visuelle Beobachtung betrachtet werden? Als ich erfuhr, dass Uwe Pilz, ein bekannter, visueller Beobachter und guter Freund der "Freunde der Nacht", seit Herbst 2022 eifrig Skizzen auf Cloudy Nights von seinen Beobachtungen mit einem solchen Gerät postet, war der Damm gebrochen. 

 

So richtete ich Ende Dezember 2022 ein handgehaltenes Gerät mit einem 6,5nm-H-Alpha-Filter auf dem Objektiv auf die Region zwischen dem Rosettennebel NGC 2237 und dem Konusnebel LDN 1607. Die Vergrößerung betrug 2x, das Gesichtsfeld 21°, der FST-Wert in der Zielregion 5m0. Es entstand diese Skizze:

Mit einem solchen Gerät gibt es viele Überraschungen. Eine davon ist, wie hell einige Objekte in H-Alpha sind, welche ich bisher für klassische OIII-Objekte hielt, insbesondere der Rosettennebel. Eine weitere Überraschung ist die sofortige Sichtbarkeit von kleinen Galaktischen Nebeln, deren Existenz mir bislang unbekannt war, im vorliegenden Fall Sh 2-280 und Sh 2-284 südlich des Rosettennebels.

 

Das größte Entzücken bereitete es mir, zu sehen, wie der Konusnebel nicht etwa ein halbes Grad groß ist, wie auf Sternkarten verzeichnet, sondern über 3° hinweg wallt, mit einem südwestlichen Ausläufer, der beinahe den Stern 13 Mon erreicht.

 

Mehr noch: Ich konnte deutlich sehen, wie der Südrand des SNR G205.6+0.5  - der überhaupt nicht auf Sternkarten verzeichnet ist! - sich perspektivisch (einer von beiden ist sicher im Vordergrund) mit dem Konuskomplex nördlich verbindet und westlich beinahe den Rosettennebel erreicht.

 

Der Bogen von SNR G205.6+0.5 erschien im Südosten am dicksten. Vielleicht ist dieser Eindruck dem Nebel  VMT 10 zuzuschreiben. Der Interstellarum Deep-Sky-Atlas kartiert VMT 10 als OIII-Objekt. Das Bild im MDW H-Alpha Survey  legt jedoch nahe, dass VMT 10 durchaus erheblich in H-Alpha strahlt. Vielleicht trägt auch der Planetarische Nebel PaRasMoMi 1 ("Bubblegum Nebula", PN-G206.2+00.6) zum Eindruck einer Verdickung des SNR-Bogens bei. 

 

Nebenstehendes Foto zeigt den Südrand des Supernovarests SNR G205.6+0.5 in voller Pracht. Am linken Bildrand ist der Ostrand des SNR zu sehen. Direkt westlich davon, etwa auf zwei Drittel der Höhe des Bildes, ist eine keilförmige, bläuliche Aufhellung zu sehen. Dies ist das OIII-Signal von VMT 10 (LBN 947).

 

Westlich von VMT 10 ist ein weiterer bläulicher Nebel zu sehen. Dies ist der Planetarische Nebel PaRasMoMi 1 (PN-G206.2+00.6), auch "Bubblegum Nebula" genannt, der erst 2021 entdeckt wurde.

 

Der vom Rosettennebel scheinbar nach Norden ausgehende Nebelfinger ist der Westrand von SNR G205.6+0.5.

 

Bildautor: Ben Schubert-Ludwig, Januar 2023. Norden ist oben links.

 

Für eine Erläuterung der genannten Objekte und eine Präsentation durch Jiri Gardavsky von visuellen Grenzbeobachtungen mittels Linienfilter - darunter die wohl erste visuelle Sichtung des Bubblegum Nebula mit kleiner Öffnung - siehe diesen Thread auf Cloudy Nights (auf Englisch).

 

Im Februar 2023 war es mir vergönnt, dieselbe Himmelsregion unter Landhimmel bei FST >6m0 zu besuchen. Ich nutzte wieder den 6,5nm H-alpha Filter vor dem Objektiv, setzte jedoch diesmal ein Objektiv mit 125mm Brennweite ein, das am Nachtsichtgerät eine Vergrößerung von 5,6x liefert.

 

So entstand nebenstehende Skizze. Nun wurde Einiges sichtbar, das unter Vorstadthimmel verborgen geblieben war:

- Der nördlicher Flügel des Konusnebels reichte fast bis Xi Gem; der Nebel ist 5° groß!

- Der Westrand des SNR G205.6+0.5 trat an der Wahrnehmungsgrenze hervor.

- In Sh 2-280 trat die schwächere nördliche Hälfte des Nebels zart hervor.

- Zwischen Sh 2-280 und Sh 2-284 trat Sh 2-282 in Erscheinung.

 

Jene Sichtungen waren dem besseren Himmel zuzuschreiben. Die größere Detailtiefe innerhalb des Konusnebels schreibe ich eher der höheren Vergrößerung von 5,6x zu.

 

Wie man auch immer die Verwendung eines Nachtsichtgeräts einordnen will, ist sie fraglos eine wertvolle Ergänzung zur Beobachtung mit "reinem Glas". Zum Beispiel mag sie Hinweise dafür liefern, welche H-Alpha-Objekte erfolgversprechend in H-Beta "rein" visuell verfolgt werden könnten. Im vorliegenden Fall kam z. B. die Idee auf, die Nebelzunge des Konuskomplexes in Richtung 13 Mon mit dem besonders engbandigen Baader 5.5nm H-Beta-Filter bei Gelegenheit visuell anzugehen.

 

Das Foto zeigt, wie handlich das kleine Gerät ist. Mit dem 50mm Objektiv kompakter und leichter als ein 7x50-Feldstecher, fühlt es sich in der Handhabung wie ein Handfernglas an. Es ist ein 15 Jahre altes Gerät mit einer Gen2+-Röhre. Gebraucht erworben, gelingt damit ein erschwinglicher Einstieg in die H-Alpha-Beobachtung.

 


Sichelnebel (Crescent Nebula) NGC 6888

Ein Wolf-Rayet Nebel im Hals des Schwans

 

In der Beobachtungsliteratur las ich einmal, dass der Sichelnebel wegen seiner geringen Flächenhelligkeit kaum mit kleinen Instrumenten zu sehen sei. Dies hat mich jahrelang davon abgehalten, es überhaupt zu versuchen. 2020 jedoch richtete ich endlich ein 8x56-Fernglas auf die Stelle. Ich ließ mich dabei nicht davon beirren, dass die Himmelsqualität bei FST 5m0 im Zielgebiet lag (d. h. der schwächste, freiäugig sichtbare Stern hatte eine Helligkeit von 5m0 - im Englischen NELM, Naked Eye Limiting Magnitude, genannt). Denn ich hatte zwischenzeitlich bei anderen Nebeln die Erfahrung gemacht, dass selbst unter solchen Stadtrandbedingungen viel mehr Nebel zugänglich sind als gemeinhin gedacht - es kommt auf die präzise Filterung an!

Es entstand diese Skizze: 

Entschuldigt bitte die englische Beschriftung. Das ist meine Gewohnheit, da meine Muttersprache. Im linken Teil der Skizze ist die gesehene Nebligkeit schraffiert. Die Richtung der Schraffur hat keine Bedeutung. Im rechten Teil sind die Helligkeiten der Feldsterne angegeben. Der den Nebel anregender Stern Wolf-Rayet 136 (WR 136) hat 7m5.

 

Die Beobachtung notierte ich folgendermaßen:

Mit Baader [OIII]  8,5nm auf beiden Okularen: Deutlicher Eindruck von Nebulosität um ein Paar Sterne 7. Magnitude, sich ein wenig nach Osten erstreckend, ca. 10 Bogenminuten im Durchmesser.

Mit Astronomik [OIII]  12nm: Nicht mehr so klar, könnte dem Eindruck nach nur eine unaufgelöste Sterngruppe sein.

 

Beim Wechsel zurück zu Baader OIII 8,5nm werden jedoch die Feldsterne unterdrückt, während das neblige Glühen bleibt: damit eine eindeutige Sichtung des Nebels. Zur weiteren Überprüfung die Stelle mit 15x70 Fernglas ungefiltert angeschaut: dort ist keine Sternverdichtung, die unaufgelöst den nebligen Eindruck im 8x56 erzeugen könnte.

 

Ein Jahr später, angeregt durch die Präsentation des Sichelnebels als "Objekt des Monats Juli 2021" bei Astrotreff, habe ich mit demselben Fernglas draufgehalten, wieder bei FST 5m0, jedoch diesmal mit einer breiteren Filterpalette:

Ungefiltert: WR 136 bildet mit den 7m2 und 8m2 Sternen eine kleine Gruppe die sich nicht besonders von den vielen anderen Sternpaaren und -gruppen im Gesichtsfeld abhebt. Kein Nebel.

Astronomik [OIII] 12nm: Die Sterngruppe wird ein wenig auffälliger als die anderen Gruppen im Feld, besonders mit indirektem Sehen.

Baader [OIII] 10nm: Der mit Astronomik OIII 12nm gesehener Effekt wird stärker. Mit indirektem Sehen erahne ich Nebligkeit.

Baader [OIII] 8.5nm: Bestes Bild. Feldsterne werden weiter abgeschwächt im Vergleich zu 10nm. Doch der nebliger Eindruck bleibt unvermindert bestehen.

Astronomik H-Beta 12nm: Feldsterne werden etwa so abgeschwächt wie mit Baader OIII 8.5nm. Keinerlei Nebel zu sehen an der Stelle von NGC 6888. Jedoch jede Menge neblige Fleckigkeit in der ganzen IC 1318 Region um Sadr (Gamma Cyg).

 

 

Der wiederholter Erfolg mit dem schmalsten OIII Filter in meinem Fundus schrie förmlich danach, mit einem Großfernglas überprüft zu werden. So richtete ich ein 100mm Fernglas bei 44x auf den Nebel, die Filterauswahl nun auf OIII 10nm und 8,5nm beschränkend. So entstand diese Skizze:

 

Die Beobachtungen:

Ungefiltert: Kein Nebel.

Baader [OIII] 10nm: Die ganze "C"-Form ist mit indirektem Sehen auszumachen. Hellster Teil steht an der Schockfront direkt südwestlich des 7m2-Sterns.

Baader [OIII] 8,5nm: Der Steg der "Epsilon"-Form tritt mit indirektem Sehen in Erscheinung. Der hellster Teil südwestlich des 7m2-Sterns ist mit direktem Sehen deutlich erkennbar.

 

Insgesamt lieferte 8,5nm eine deutliche Steigerung gegenüber 10nm. Der Nebel war nicht nur besser von der Umgebung abgesetzt, sondern seine einzelnen Bereiche differenzierter. Während mit 10nm die Sache sich als eine etwas mühsame Grenzbeobachtung darstellte, war das mit 8,5nm ein Bild, in dem ich gerne und lange verweilte. Der Himmelshintergrund war mit 8,5nm nicht ganz dunkel, weswegen ich die Vermutung hege, dass mit Baader [OIII] 6,5nm oder Astronomik [OIII] 6nm ein weiterer Gewinn möglich sein könnte. Diese Filtertypen hatte ich jedoch zum Zeitpunkt der Beobachtung (noch) nicht zur Verfügung.


Helixnebel (Helix Nebula) NGC 7293

Ein großer PN im Horizontdunst

Beim Helixnebel kann ich bzgl. Himmelsqualität nicht wählerisch sein, denn bei Deklination -21° erreicht der Himmel kaum FST 5m0 im Süden an meinem Beobachtungsort. Am 14. August 2021 war der Himmel zwar ungewöhnlich gut im Zenit bei FST 5m4, in der Zielregion jedoch nur FST 4m5.

 

Da ich wusste, dass der Helix hell und groß ist, wählte ich das 10x42 Fernglas. Bei einem so hellen Objekt tut die etwas kleine Austrittspupille von 4,2mm (ich bevorzuge sonst 5 bis 7mm) nicht weh, und der Abbildungsmaßstab von 10x hilft gegenüber 8x oder 7x.

 

So entstand nebenstehende Skizze. Die von links nach rechts verlaufenden linearen Strukturen sind Scanning-Artefakte und haben keine weitere Bedeutung. Die Skizze hat die Anmutung von frühen Astro-Zeichnungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - damals mit den besten und teuersten Instrumenten der Zeit, nun mit einem Feldstecher erstellt. Die Forscher jener Zeit hatten weder Ferngläser noch Schmalbandfilter zur Verfügung - so können heute schon minder betuchte Amateure auf ihren Spuren wandeln.

 

Die Beobachtungen wurden mit identischen Filterpaaren durchgeführt (keine Filter-Mischung, keine einseitige Filternutzung am Fernglas):

Ungefiltert: Nichts vom Nebel zu sehen.

Baader Blau-CCD (aus der RGB-Filterpalette): Ein sehr diffuser Nebelball wird sichtbar, Durchmesser auf 12' geschätzt.

Baader UHC-S: Im Vergleich zu Baader Blau-CCD ist der Nebel schwächer, fast unsichtbar.

Astronomik UHC: Ähnlicher Eindruck wie mit Baader Blau-CCD, aber der Hintergrund ist dunkler, dadurch besserer Kontrast zu Umgebung und klarere Ränder des Nebels.

Astronomik [OIII] 12nm: Bester Anblick. Gut definierte Scheibe, nicht ganz rund sondern etwas nach Süd-Südost gestreckt. Scheint im Inneren etwas dunkler zu sein als am Rand, besonders Richtung Nordwest.


Kometen

ZTF C/2002 E3

 

Ende Januar 2023  erreichte Komet ZTF C/2022 E3 seine Erdnähe und somit seine größte Helligkeit. Er zog flink durch den Raum zwischen Draco und Ursa Minor in Richtung Auriga. Gegen 19 Uhr am 29. Januar 2023 betrug der FST-Wert im Zielgebiet nur 4m0 wegen des 60% vollen Mondes im Stier. Dennoch war der Komet schon mit einem 2x vergrößernden Opernglas eindeutig aufzufinden. Mit 7x45 war er eindrucksvoll und hübsch zusammen mit dem Doppelstern Struve 1694 (hauchfein getrennt) in 8.6° Gesichtsfeld.

 

Mit einem 20x60 Fernglas hatte ich den Eindruck von zwei Schweifansätzen bei PA 190° und 280°, jener bei PA 280° viel dünner als jener bei 190°, beide unsicher. Ich meinte auch, einen Halo zu sehen der den dreifachen Durchmesser des helleren Kopfes hatte. Hier ist meine Skizze mit den drei verschiedenen Vergrößerungen:

Zwei Stunden später, um 21 Uhr, hatte der Komet etwas an Horizonthöhe gewonnen. Jetzt war der zuvor bei PA 190° vermuteter Schweifansatz nicht mehr zu erkennen. Andererseits meinte ich, bei PA 280° nun einen sehr dünnen Schweif von knapp 1° Länge erhaschen zu können. Eine nachträgliche Betrachtung von Fotos bestätigt diesen Schweif.

Dieses Foto wurde am selben Abend aufgenommen. Es zeigt schön den langen, dünnen Schweif bei PA 280°. Beim zweiten, breiten Schweif habe ich mich offenbar in der Position getäuscht, richtiger wäre PA 160°.

 

PA = Position Angle, dt. Positionswinkel. PA 0° bedeutet nach Norden weisend, PA 90° nach Osten, PA 180° nach Süden, PA 270° nach Westen. 

 

 

Bildautor: Nutzer "Mr Spock" auf Astronomie.de. Aufnahmeort Stentrop  in NRW.