Es ist sinnig den Auftakt mit dem minimal-invasiven UV Filter, genauer UV Sperrfilter, zu machen. Die Hersteller solcher Filter betonen, dass sie auf dem Kameraobjektiv als Schutzglas verbleiben können, da sie das Bild nicht verändern würden. Dies dürfte auch visuell der Fall sein sofern der Filter das UV-Licht erst bei Wellenlängen unterhalb von 380nm sperrt, also dort, wo das menschliche Auge nichts mehr wahrnimmt. Wie sieht es aber aus, wenn der Filter auch einen Teil des violetten Lichts oberhalb von 400nm sperrt, das sehr wohl einen visuellen Eindruck hinterlässt?
Manche Luminanzfilter aus der CCD/CMOS-Astrofotografie sperren ebenfalls einen Teil des violetten Lichts (definiert als Licht mit Wellenlängen zwischen 400nm und 420nm). Die Luftunruhe wirkt sich besonders im Violetten aus. Könnten solche Filter folglich in der Hochvergrößerung bei der Planetenbeobachtung eine Bildberuhigung liefern?
Links sind die Transmissionskurven des Astronomik UV-IR-Blockers L-1 bis L-3 zu sehen. Diese sind Luminanzfilter für die CCD-Fotografie. Der L-3 ist von besonderem Interesse für die visuelle Nutzung, da seine Transmissionskurve bei 420nm mit sehr steiler Flanke nicht nur das UV-Licht, sondern auch das violette Licht blockt.
In der Mitte ist die Kurve des Baader CMOS UV/IR Cut L-Filters. Dieser hat ebenfalls ein Transmissionsfenster von 420nm bis 685nm.
Rechts ist die Transmissionskurve des Zeiss T* UV Filters abgebildet, die eine sehr steile Flanke bei ca. 410 nm aufweist, womit das UV-Licht vollständig sowie – für die visuelle Beobachtung relevant – das Violette teilweise blockiert wird. Den Herstellerangaben nach hat der Filter zwischen 410nm und 700nm eine nahezu konstante Transmission von fast 100%.
Der Zeiss T* UV Filter hat den praktischen Vorteil, dass er in Schraubfassungen bis 95mm verfügbar ist. Damit können Spektive oder Ferngläser die keine okularseitige Filterung zulassen objektivseitig gefiltert werden. Auf dem Foto sind hinten links zwei Exemplare in 77mm-Fassung zu sehen.
Weder 48mm (2-Zoll) noch 28,5mm (1,25-Zoll) Fassungen sind erhältlich, doch mit einem Step-Down Ring von 48 auf 43mm oder von 48 auf 46mm versehen, wird ein Filter in 43mm oder 46mm Fassung auf 2 Zoll adaptiert, wie hinten rechts auf dem Foto zu sehen.
Im Vordergrund sind links ein Astronomik UV-IR-Blocker L-3 Filter in 1,25 Zoll und rechts ein Baader CMOS Luminanzfilter in 2 Zoll zu sehen. Die grünliche Färbung ist damit zu erklären, dass es sich um Interferenzfilter handelt, deren Wirkung auf Reflexion beruht. Im schrägen Winkel angeschaut, produzieren Interferenzfilter starke Reflexionen, die sich nicht mit der Farbwirkung beim senkrechten Durchschauen decken.
Am 9. Oktober 2022 erprobte ich die Wirkung des Zeiss T* UV Filters mit einem 70mm "Semi-Apo" Fernglas bei 80x (90°-Einblick und Wechselokulare) an Saturn. Die Filter in 77mm Schraubfassung wurden über den Objektiven platziert. Die Transparenz war gut, das Seeing mittelgut. Der Vollmond stand ca. 50° östlich im Sternbild Pisces. Saturn, sieben Wochen nach seiner Opposition (14. August) mit einem Scheibendurchmesser von 18 Bogensekunden, stand ca. 25° über dem Horizont.
Bild rechts: Saturn am 09.10.2022, Simulation durch Stellarium-Software. Die Monde Dione und Tethys wurden nicht gesehen. Die Punkte dicht nördlich von Saturn sowie östlich von seinen Ringen sind weitere Monde, für deren Sichtung wesentlich mehr Öffnung und Vergrößerung nötig gewesen wären.
Ungefiltert war der Schattenwurf der Ringe auf dem Planeten als hauchfeiner Strich zu erkennen. Der Schattenwurf des Planeten auf die hinteren Ringe war schwierig zu halten, die Überstrahlung durch den Planeten ein Problem. Die Bauchbinde war zu sehen. Titan (8m6 hell) war klar zu sehen, Iapetus (10m1) und Rhea (10m0) blickweise. Ohne Vollmond wären diese Saturnmonde bei 80x kein Problem, doch der aufgehellter Himmel verschluckte sie fast.
Mit Zeiss T* UV Filter auf beiden Objektiven des Fernglases erschien die Eigenfarbe des Planeten "satter", genauer kann ich es nicht beschreiben. Die Schattenwürfe zeigten sich ähnlich wie ungefiltert. Die Bauchbinde erschien deutlicher, mit wesentlich klarerer Abgrenzung zum dunkleren, nördlichen Bereich der Planetenscheibe. Ich stellte einen erheblichen Gewinn des Filters bei diesen feinen Schattierungen auf der Planetenoberfläche fest. Bemerkenswert war auch der Zugewinn bei den Monden Titan, Iapetus und Rhea, die alle mit Filter wesentlich klarer hervortraten als ungefiltert.
Dies ist ein Foto von Saturn vom 21. September 2022. Es zeigt gut die erwähnten Merkmale: den Schattenwurf der Ringe auf den Planeten (vorne), den Schattenwurf des Planeten auf die Ringe (hinten links), die helle Bauchbinde, den Hell-Dunkel-Übergang am Nordrand der Bauchbinde. Für die visuelle Sichtung der Cassini-Teilung wären mehr Öffnung und beste Luftruhe nötig gewesen.
Bildautor: Nutzer "komposer" auf Astronomie.de, Bildnutzung mit freundlicher Genehmigung
In den folgenden Wochen habe ich Saturn wiederholt mit einem farbreinen 70mm Fluorit-Teleskop bei 80x mit dem selben Okular und Filter beobachtet. Mit diesem Apochromaten waren der Gewinn des Zeiss T* UV Filters bei den Schattenwürfen etwas stärker als beim "Semi-Apo" Fernglas und der Gewinn bei den Kontrasten auf der Planetenoberfläche weiterhin erheblich.
Ebenfalls am 9. Oktober 2022 richtete ich das 70mm "Semi-Apo" Fernglas bei 80x auf Jupiter, die Planetenscheibe zwei Wochen nach Opposition (26. September) satte 49" gross.
Bild rechts: Jupiter am 09.10.2022, Simulation durch Stellarium Software. An linken Rand des Bildes ist der Hintergrundstern zu sehen, der im Beobachtungsbericht erwähnt wird. Er heißt HD 473, hat eine visuelle Helligkeit von exakt 10m0 und ergänzte die Mondreihe in sehr hübscher Weise.
Ungefiltert stand ein recht deutlicher violetter Saum um den Planeten. Auch um die Monde waren Säume zu sehen, sehr schwach violett. Das NEB (North Equatorial Belt, dt. Nördliches Äquatorialband) war deutlich, das SEB (South Equatorial Belt, dt. Südliches Äquatorialband) schwach und schien am planetaren Westrand (bzw. an unserem Himmel in astronomischer Orientierung betrachtet am östlichen Rand) etwa 10" vor dem Scheibenrand aufzuhören.
Mit dem Zeiss T* UV Filter auf beiden Objektiven des Fernglases war der violette Saum um Jupiter leicht reduziert, die Säume um die Monde komplett weg. Sowohl NEB als auch SEB erschienen einen Hauch kontrastreicher. Ich habe keinen GRS (Great Red Spot, dt. GRF, Großer Roter Fleck) gesehen. Alle vier Monde waren wesentlich kompakter als ungefiltert. Ein 10mag heller Hintergrundstern wurde sofort augenfällig, der ungefiltert nicht aufgefallen war.