Cas OB6

Mit Herz und Seele ... und Ei und Finger

Sternbild: Cassiopeia

02h40m00s

+61°00'00"

Größe: 5° x 2,5°

Entfernung: 6.500 Lichtjahre

Cassiopeia OB6 ist ein besonders lebhaftes und großes Sternentstehungsgebiet im Perseus-Arm der Galaxis. Im Katalog der Radioemissionsquellen von Gart Westerhout von 1956 wird das Gebiet in drei Teile gegliedert. Diese sind von Ost nach West: Westerhout 3, Westerhout 4 und Westerhout 5.

Cassiopeia OB6
Bild: CCD-Guide - Fabian Neyer

Westerhout 3 enthält den kompakten Emissionsnebel NGC 896. Im Inneren dieses Nebels findet rege Sternentstehung statt. Die sehr jungen Sterne haben den Nebel noch nicht weggeblasen, daher sehen wir hier (noch) keinen Sternhaufen. W3 trägt den Beinamen "Fischkopf" oder "Fischnebel", der bestens zu seiner Erscheinung auf Schmalbandfotos passt.

 

In Westerhout 4 haben die jungen, heißen Sterne des zentralen Sternhaufens Melotte 15 mit ihren Sternwinden einen 1° x 1,5° großen Raum um sich herum freigeblasen. Der leuchtende Rand dieser Blase hat auf Fotos die Form eines Herzens, daher der Beiname Herznebel. Im Index Catalogue (IC) trägt der Sternhaufen die Bezeichnung IC 1805, wobei diese Bezeichnung auch oft für den umgebenden Nebel verwendet wird. Eindeutig auf den Nebel bezogen ist die Bezeichnung Sh 2-190 aus dem Sharpless-Katalog der Hβ-Regionen.

Mit Westerhout 4 verbunden ist eine Superblase, welche senkrecht zum galaktischen Äquator stehend ein "H-Alpha-Ei" von beachtlichen 7° Winkelgröße (800 Lichtjahre im Raum) über die letzten zehn Millionen Jahre gebildet hat. Im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung könnte diese Blase aus der galaktischen Scheibe ausbrechen und ihre Materie in den galaktischen Halo entlassen. Der auf tiefen Fotos zu sehende Nebelfinger, der über 1,5° Länge vom Herznebel aus nach Nordosten weist, ist der südöstliche Rand dieses Eis.

 

In Westerhout 5 haben ebenfalls die Winde der jungen Sterne der O- und B-Klassen eine Blase in ihrem Geburtsnebel freigelegt. Als Gegenpart zum Herznebel wird Westerhout 5 Seelennebel genannt. Eine alternative Bezeichnung, die auf seiner fotografische Erscheinung beruht, ist Embryonebel. Auch hier, wie im Falle von W 4, hat es sich in der amateurastronomischen Literatur eingebürgert, die Bezeichnung des eingebetteten Sternhaufens IC 1848 für den ganzen Nebel zu verwenden. Die wissenschaftlich eindeutigeren Bezeichnungen sind Sharpless 2-199 für den Nebel und Collinder 32 für den Sternhaufen. 

 

Beobachtung der visuell interessanten Objekte:

NGC 896

GN

02h25m48s

+61°58'48"

sichtbar ab: 4"

Größe: 20' x 20'

Helligkeit: 9m1

NGC 896 in Westerhout 3 hat die höchste Flächenhelligkeit aller Nebel in der Assoziation Cassiopeia OB6 - vor allem der südwestliche Teil des Nebels ist gut mit 4" und UHC erreichbar

Bild rechts: CCD-Guide - Fabian Neyer

FG 15x70 – mit UHC kann ich die südwestliche Ausbuchtung des Nebelumrisses im Interstellarum Deep-Sky-Atlas eindeutig halten, rundlich und ca. 10‘ groß - ohne Filter nichts zu sehen

4"-Refraktor - bei 30-fach und UHC ist der Nebel als kleiner, diffuser Schimmer auffällig, im Zentrum ist eine stellare Aufhellung - [OIII] wirkt nicht wirklich besser oder kontrastreicher

10"-Spiegel - bei 70-fach und [OIII]-Filter, der für die Erkennbarkeit und Abgrenzung der Strukturen auch nötig ist, ist zunächst ein recht großer, nach Nordwest aufgefächerter Nebel sichtbar - im Südwesten grenzt der hellste Bereich an, der rund wirkt - beide Teile sind mit einem hellen Steg verbunden - die anderen Strukturen sind mit etwas Mühe zu erfassen, nur durch indirektes Sehen und teilweise in Verbindung mit Field Sweeping - interessant ist ein länglicher, schwacher Bereich im Süden, wodurch eine Dunkelteilung wahrnehmbar wird - nördlich des Nebels konnte ich mit indirektem Sehen einen kleinen, leicht dreieckig wirkenden, diffusen Fleck ausmachen

NGC 896

IC 1805

GN

02h32m42s

+61°27'00"

sichtbar ab: 8"

Größe: 90' x 60'

Helligkeit: 6m5

Melotte 15

OS

02h32m42s

+61°27'00"

sichtbar ab: FG

Größe: 20' x 20'

hellster Stern: 7m9

Melotte 15 im Zentrum von Westerhout 4 ist im FG auffällig - der mit 4" markante OS Stock 7 ist zwar nicht mit dem Nebel verbunden, da weit im Vordergrund, jedoch sehr nützlich zur Orientierung im Feld, da er in unserer Perspektive genau am Südrand des Herznebels steht - in seiner Gesamtausdehnung ist der Herznebel visuell schwierig zu erfassen -am ehesten zugänglich sind der Bereich östlich des zentralen Sternhaufens Mel 15 sowie einzelne Nebelbögen des Herzrandes - der Herznebel spricht gut auf alle Filtertypen an, insbesondere auf [OIII]

Bild rechts: CCD-Guide - Fabian Neyer

FG 7x50 - Melotte 15 - eindeutiger Haufeneindruck mit drei Sternen ständig gehalten, weitere an der Auflösungsgrenze

FG 8x56  - IC 1805 - Vorstadthimmel - mit UHC auf beiden Okularen ein 20‘ großer Nebelflecken östlich des zentralen Haufens Mel 15 mit sehr unbestimmten Rändern - der Seelennebel IC 1848 im selben Gesichtsfeld (6,2°) ist ein sehr zartes 20‘ breites Nebelband von 1¼° Ausdehnung Ost-West - ein beglückendes Highlight dieser Nacht, denn dies bedeutet, die gesamte Assoziation Cas OB6 in einem Gesichtsfeld gesehen zu haben

FG 10x50 - Melotte 15 - insgesamt sind 6 Sternpaare vor einem leichten Glimmen erkennbar, das am besten indirekt besehen wirkt -  ein paar schwächere Mitglieder im Osten und Westen sind ebenfalls noch auszumachen - sollten die drei schwächeren Sterne nordöstlich auch noch zum Haufen gehören, dann wirkt der OS insgesamt besehen wie ein Y, dessen Spitze nach NW zeigt

4" Refraktor - IC 1805 - bei 30-fach und UHC ist eine Aufhellung zwischen Mel 15 und NGC 1027 erkennbar, das kann aber auch dem hellen Sternbogen zwischen beiden Sternhaufen geschuldet sein - unsicher - [OIII] hat auch nicht geholfen

4" Refraktor - Melotte 15 - bei 30-fach sehr auffällig, viele helle locker verteilte Sterne - die Sterne sind mit etwas gutem Willen angeordnet wie ein Windmühlen-Rad (das zum Pusten für kleine Kinder) - die helleren Sterne bilden die Mühlenrad-Wirbel, dazwischen stehen viele schwächere Sterne - gut 30 Sterne sind insgesamt zu erkennen - höher Vergrößern brachte nicht mehr viel, weil dem Haufen dann das rahmende Umfeld fehlt

IC 1805

IC 1848

GN

02h51m06s

+60°24'36"

sichtbar ab 4"

Größe 90' x 60'

Helligkeit 6m5

Collinder 32

OS

02h51m12s

+60°26'00"

sichtbar ab FG

Größe 12' x 12'

hellster Stern --

Die visuelle Orientierung in Westerhout 5 ist nicht leicht, da Collinder 32 sich wenig vom Sternfeld abhebt - hat man sich aber erst einmal eingesehen, ist mit 4“ und UHC der nördliche Rand des Embryonebels über 1,5° Länge durchaus gut abgegrenzt und entspricht recht genau der Nebelkontur im Interstellarum Deep-Sky-Atlas - mit größerer Öffnung werden weitere, südliche Teile des Nebels zugänglich - mit kleiner Öffnung ist UHC der Filter der Wahl, mit großer Öffnung dann [OIII]

Bild rechts: CCD-Guide - Fabian Neyer

FG 7x50 - Collinder 32 - kein Haufeneindruck, aber immerhin zwei hellere Sterne fast nordsüdlich übereinander geben die Lage des Haufens an

FG 15x70 - IC 1848 - nach sorgfältiger Betrachtung des Gebietes mit UHC offenbart sich der Nebel - einmal erkannt, ist er zwar diffus, aber recht präsent und klar abgegrenzt, das Highlight dieser Nacht - Umriss stimmt recht genau mit jenem überein, der im Interstellarum Deep-Sky-Atlas kartiert wird - 1,5° lang, an der breitesten Stelle zwischen Collinder 34 und Collinder 32 dann 0,75° - das ist der Nordrand des eigentlich noch viel größeren Nebels - südlich von Cr 32 spitz auslaufend - der im isDSA kartierte Teil westlich von Cr 32 ist nicht auszumachen

4"-Refraktor - IC 1848 - bei 30-fach und [OIII] zieht sich nördlich in einem Bogen zwischen Cr 32 und Cr 33 eine hellere, diffuse Nebelspur, die eindeutig nicht von Sternen stammen kann - der Hell-Dunkel-Wechsel ist eindeutig erkennbar, südlich davon zieht sich eine Spur hellerer Sterne ostwestwärts, die nicht von diesem Glimmen umgeben ist

IC 1848


Hintergrundbild Copyright © Michael Vlasov